Category Archive : Uncategorized

Was ist eigentlich die Liturgie der Vorgeweihten Gaben(Präsentifikanten Liturgie).

Die Liturgie der vorgeweihten Gaben

 

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben ist sehr alten Ursprungs und in gewisser Weise aus praktischen Überlegungen entstanden. Sie wurde als Mittel empfunden, den Gläubigen die Kommunion auch an Tagen zu ermöglichen, an denen keine Eucharistische Liturgie gefeiert werden konnte. Zur Zeit der frühen Kirche, wenigstens bis zum 4. Jahrhundert, wurde die Kommunion als so integraler Teil des eucharistischen Opfers gesehen, daß es undenkbar war dabei zu sein ohne zu kommunizieren. Tatsächlich kommunizierten die Gläubigen sogar häufiger als sie die Göttliche Liturgie besuchten, die meist nur am Sonntag, den Tag des Herrn, gefeiert wurde, und zwar indem sie das Sakrament in einem besonderen, eigens dafür geformten Gefäß, „Arca“ genannt, mit nach Hause nahmen. Tertullian bezeugt diese Praxis wenn er fragt: „Will denn Dein Ehegatte nicht wissen was das ist, was Du so heimlich verzehrst vor jeder anderen Speise?“ In Syrien war diese Praxis noch im 6. Jahrhundert üblich. Johannes Moschos, ein geistlicher Schriftsteller dieser Zeit, spricht davon, dass die Gläubigen am Großen Donnerstag soviel von der Eucharistie mit nach Hause nehmen, daß es für ein ganzes Jahr reicht.

 

Von allen Fastenregeln in der alten Kirche ist die für die byzantinische Orthodoxie besonders einzigartig und gibt uns auch den Schlüssel zu Verständnis ihres liturgischen Geistes: Sie verbietet die Feier der Göttlichen Liturgie an den Wochentagen während der Großen Fastenzeit als nicht vereinbar mit dem Fasten. Die einzige Ausnahme bildet das Hochfest Mariae Verkündigung (Griechisch: Εὐαγγελισμός = Euangelismos, „Verkündigung der Frohbotschaft“) Damit aber die Gläubigen nicht die „Speise der Unsterblichkeit“ entbehren müssen, wurde die Liturgie der Vorgeweihten Gaben eingeführt, d as ist eine eucharistische Versammlung ohne Verwandlung der Allheiligen Gaben. Die festliche Natur der Eucharistie ist so für die Samstage und Sonntage der Großen Fastenzeit reserviert, während an den Tagen des strengen Fastens, also am Mittwoch und Freitag, die Gläubigen die Heiligen Gaben empfangen können, die am vorhergehenden Sonntag geheiligt wurden.

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben war von Anfang an ein Abendgottesdienst, also ein Vespergottesdienst der mit der Spendung der Heiligen Kommunion verbunden war. Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben wurde nach der neunten Stunde, das heißt nach 15 Uhr gefeiert. Das Fasten des Tages wurde so am frühen Abend beendet, ähnlich wie das strenge Fasten am Sonntagmorgen nach der Heiligen Kommunion beendet wird.

 

Die Liturgie der Vorgeweihten Gaben kann heute gefeiert werden: 

 

– Jeden Mittwoch und Freitag in den ersten sechs Wochen der Großen Fastenzeit

– Am Donnerstag der vierten Woche in der Großen Fastenzeit

– Am Montag, Dienstag und Mittwoch der Großen und Heiligen Woche.

 

Die Konsekration der Heiligen Gaben für die Kommunionspendung in der Liturgie der Vorgeweihten Gaben vollzieht sich wie folgt:

 

Am vorangehenden Sonntag, bei der Proskomedie, der Vorbereitung der heiligen Gaben, nachdem der Priester das Lamm zur Heiligen Kommunion dieses Sonntags aus dem Opferbrot herausgenommen hat, bereitet er so viele weitere Lämmer vor, wie es in dieser Woche Liturgien der Vorgeweihten Gaben geben wird. Dazu betet er jedesmal jedesmal, wie es zur Bereitung des Lammes in der Proskomedie vorgesehen ist. 

 

Bei der Anamnese werden die „Lämmer“ jedoch als ein Opfer erhoben, denn Christus ist Einer: In gleicher Weise erfolgt dann auch die Konsekration der Allheiligen Gaben bei der Epiklese.

 

Bei der Brechung bricht der Priester nur das Lamm, das er bei der Vorbereitung zuerst geschnitten hat. Die anderen nimmt er einzeln in seine linke Hand und mit dem Löffel in der Rechten träufelt er etwas vom Heiligen und Kostbaren Blut des Herrn in Kreuzesform auf die Unterseite, die in Kreuzesform eingeschnitten ist. Danach gibt er die konsekrierten Lämmer entweder auf einen mit Sternbogen und Aer bedeckten Diskos, vor dem dann ein Ewig-Licht bis zur Liturgie der Vorgeweihten Gaben brennt oder in den Tabernakel auf dem Altar.

 

 

 

Die geistlich-asketische Bedeutung  der Liturgie der vorgeweihten Gaben – die Stärkung der Gläubigen auf ihren Weg durch die Zeit der Großen Fasten- wird besonders deutlich im Cherubim- Hymnus dieser Liturgie:

 

Nun dienen mit uns unsichtbar die himmlischen Mächte. Siehe, der König der Herrlichkeit tritt ein, das vollendete, geheimnisvolle Opfer wird getragen.

 

In Glauben und Liebe lasset uns nahen, um teilhaftig zu werden des ewigen Lebens. Alleluja, Alleluja, Alleluja.

 

 

 

Die Liturgie der vorgeweihten Gaben

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die priesterlichen Eigengebete dieses Liturgieformulars werden auf den heiligen Gregor Dialogos zurückgeführt. Der heilige Gregor entstammte einer römischen Patrizierfamilie. Papst Pelagius II. sandte ihn im 6. Jahrhundert als Apokrisiar nach Konstantinopel, wo er sechs Jahre lang blieb. Dort hat er die Tradition einer Kommunionfeier an den Tagen der großen Fastenzeit, an denen wegen des Fastencharakters keine Göttliche Liturgie gefeiert werden kann, kennengelernt. Schon vor Gregor gab es diese Tradition der Präsanktifikantenliturgie (Литургия преждеосвященных Дароoв/ Λειτουργία Προηγιασμένων Τιμίων Δώρων), also die Gewohnheit den Vespergottesdienst mit einer Kommunionfeier zu verbinden. Die Wandlung der Heiligen Gaben, entfällt hierbei, da die in einer früheren Liturgiefeier geheiligten Gaben ausgeteilt werden. Vermutlich ist diese Gottesdienstform aus pastoralen Erwägungen entstanden, um den Gläubigen auch an den Werktagen in der Großen Fastenzeit den Empfang der heiligen Kommunion zu ermöglichen.

 

In der Großen Fastenzeit gelten der Mittwoch und der Freitag nach der kirchlichen Regel als strenge Fasttage. Ursprünglich enthielten sich die Gläubigen  an diesen Tagen des Essens und Trinkens bis zum Sonnenuntergang. Um die Gläubigen durch die Teilhabe am Heiligen Leib und kostbaren Blut Christi an diesen Tagen, die geheiligt sind durch besonders anstrengende körperliche und geistliche Kämpfe, stärken und unterstützen zu können, entstand die Tradition der Liturgiefeier der vorgeweihten Gaben. Das Ziel des geistlichen Kampfes an diesen Tagen besteht aus der geistlichen Freude, die uns aus der Erwartung unserer Teilnahme an der abendlichen Eucharistie zuwächst. Bedauerlicherweise war das Verständnis der Liturgie der vorgeweihten Gaben als einer abendlichen Eucharistiefeier lange Zeit praktisch verloren gegangen, das der Gottesdienst jahrhundertelang bereits am am Morgen durchgeführt wurde. Heute ist man jedoch an vielen Orten wieder zur abendlichen Feier zurückgekehrt.

 

ür die Feier der Liturgie der vorgeweihten Gaben wird die Wandlung der eucharistischen Gaben meist in der Liturgie des vorgehenden Sonntags vollzogen. Das eucharistische Brot, der Leib Christi wird dabei mit dem Blut Christi getränkt.
ür die Feier der Liturgie der vorgeweihten Gaben wird die Wandlung der eucharistischen Gaben meist in der Liturgie des vorgehenden Sonntags vollzogen. Das eucharistische Brot, der Leib Christi wird dabei mit dem Blut Christi getränkt.
 

 

Die Liturgiefeier beginnt zunächst mit der Großen Vesper. Jedoch ist der Eingangssegen des Priesters: “Gesegnet sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit”, der gleiche wie im Liturgieformular des heiligen Johannes Chrysostomos und des heiligen Basilius des Großen. Es ist zum einen der Charakter als Liturgiefeier dieses Gottesdienstes, der diesen Ausruf bestimmt, zum anderen jedoch auch der Hinweis an die Gläubigen, dass dieser Gottesdienst ganz auf die Hoffnung des himmlischen Königtums gerichtet ist, auf die geistliche Erwartung, welche auch die gesamte Große Fastenzeit durchzieht.

 

Nun folgt der Gottesdienst der Ordnung der Vesper. Der Lektor liest  wie gewohnt Psalm 103: “Preise, meine Seele, den Herrn“. Der Liturg liest währenddessen die priesterlichen Gebete zur Vesper, in welchen er den HERRN darum bittet, dass Er unseren Mund mit Seinem Lob erfülle, damit wir Seinen Heiligen Namen verherrlichen. Er bittet Gott, dass wir während der übrigen Zeit des Tages den verschiedenen Anschlägen des Bösen entgehen mögen und dass wir ihn ohne Tadel in Gegenwart Seiner Herrlichkeit beenden mögen.

 

 

 

Nach Ende der Lesung des Schöpfungspsalms 103 spricht der Diakon die große Ektenija. “In Frieden laßt uns beten zum Herrn“… Dies sind die ersten Worte der Ektenija, welche uns daran erinnern, dass wir im Frieden und versöhnt mit allen das Gebet in dieser Liturgiefeier beginnen müssen. Zuerst müssen wir uns mit allen versöhnen, damit unsere Lobopfer würdig gleich Weihrauch zu Gott emporsteige. Denn unser Herr Jesus Christus ermahnt uns in seinem heiligen Evangelium: “Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: “Sei verflucht”, der ist des Hohen Rates schuldig; wer aber sagt: Du Narr. der ist des höllischen Feuers schuldig. Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst allda eingedenk, dass dein Bruder etwas wider dich habe, so lass allda vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und alsdann komme und opfere deine Gabe.” (Matthäus 5:22-24) Deshalb ist die Versöhnung mit denen, denen wir ihre Kränkungen vorhalten und mit denen, die wir selber beleidigt haben eine unerlässliche Voraussetzung für die würdige Teilnahme an der Feier der Liturgie. Die Texte der Gottesdienste während der gesamten großen Fastenzeit sprechen immer wieder davon zu uns, wie wichtig diese Versöhnung mit unserem Nächsten und die aufrichtige Umkehr der Herzen für eine würdigen, in den Augen Gottes wohlgefälligen, Vollzug der Großen Fasten ist.

 

Der Diakon symbolisiert während der Liturgiefeier den Dienst der Engel. Deshalb spricht er selbst keine Gebete, wie es der priesterliche Liturg tut. Er leitet unser Gebet, indem er in der Ektenija die versammelte Gemeinde dazu anleitet, die rechten, Gott wohlgefälligen Bitten vor Gott zu bringen. Er ruft die Gläubigen zum Gebet. Und wir alle und nicht nur die Sänger, die unser Gebet unterstützen, jedoch nicht ersetzen sollen, antworten auf jede Bitte mit “Herr, erbarme Dich”. Denn alle, der Liturg im priesterlichen Dienst am Altar, der Diakon der die Fürbitten ausruft, die Sänger und das gesammelte versammelte Volk Gottes (λαός του Θεού) sollten teilnehmen am gemeinsamen Gebet, weil das Wort “Liturgie” gemeinsamer Dienst bedeutet. Alle in der Kirche beten; sie sind nicht passive Zuschauer, sondern Teilnehmer am Gottesdienst. Der Diakon ruft uns zum Gebet, der Priester bringt im Namen aller in der Kirche Versammelten das Gebet dar, und wir alle tragen als das Volk Gottes die Feier des Liturgie betend vor Gott.

 

Während der Ektenija liest der Priester das Gebet, in dem er den HERRN darum bittet, dass ER Sein Ohr unserem Gebet leihe un auf die Stimme unseres Flehens höre. Nach dem Ende der Ektenija beginnt der Leser mit dem Lesen des 18. Psalmen-Kathisma. Es besteht aus Psalmen 119 bis 133 und enthält die sogenannt “Lieder des Aufstiegs.” Es sind die Wallfahrtspsalmen des Volkes Israels, dass die Pilger an den alttestamentlichen Wallfahrtsfesten (Passah, Erntedank und Laubhüttenfest) sangen, wenn sie die Stufen des Tempels in Jerusalem hinaufstiegen. Es sind deshalb Loblieder von Menschen, die sich versammelt haben zum Gebet und die sich durch die Lesung dieser Psalmen auf die Begegnung mit Gott vorbereiteten.

 

Die Lesung des Psalmenkathisma bereitet uns auf die Begegnung mit Gott in der Heiligen Schrift und der Kommunion vor.
Die Lesung des Psalmenkathisma bereitet uns auf die Begegnung mit Gott in der Heiligen Schrift und der Kommunion vor.
 

 

Während der Lesung des ersten Teils des Kathisma stellt der Priester das Evangelienbuch vor den Tabernakel und entfaltet das Antimension. Dann nimmt er mit Hilfe des Kommunionlöffels und der Lanze das verwandelte Lamm (Агнец), das bei der Liturgie am vorhergehenden Sonntag konsekriert wurde, aus dem Artophorion, das ist ein kleiner kastenförmiger Tabernakel, und legt das heilige Lamm auf den Diskos und stellt vor IHN eine entzündete Kerze.

 

Das verwandelte Lamm (Агнец), das bei der Liturgie am vorhergehenden Sonntag konsekriert wurde, wird bis zur Liturgie der vorgeweihten Gaben im Artophorion aufbewahrt.
Das verwandelte Lamm (Агнец), das bei der Liturgie am vorhergehenden Sonntag konsekriert wurde, wird bis zur Liturgie der vorgeweihten Gaben im Artophorion aufbewahrt.
 
Das heilige gewandelte Lamm wird auf den Diskos gelegt und der Priester stellt eine entzündete Kerze vor IHN.
Das heilige gewandelte Lamm wird auf den Diskos gelegt und der Priester stellt eine entzündete Kerze vor IHN.
 

 

Danach spricht der Diakon erneut eine kleine Ektenija. Sie schließt mit dem Gebet des Priesters: “Herr, verwirf uns nicht in Deinem Zorn und züchtige uns nicht in Deinem Grimm… Erleuchte die Augen unserer Herzen, damit sie Deine Wahrheit erkennen …“. Dann folgt der zweite Teil des 18. Kathismas. Während dessen Vollzieht der Liturg den dreifachen Insenz  mit dem Weihrauch vor dem Altar mit den Heiligen Gaben. Danach macht der Priester eine  Große Metanie vor den Heiligen Gaben. Nach dem zweiten Teil der Psalmenlesung wird wiederum eine Kleine” Ektenija gesprochen, die mit dem Gebet des Priesters schließt, der Gott bittet, dass der HERR unser, Seiner schuldhaften und unnützen Diener, gedenken möge. Auch bittet er den HERRN, das ER uns das, was wir zu unserem Heil erbitten, gnädig schenken möge.

 

Nun wird der dritte und letzte Teil des Kathisma gelesen. Währendessen überträgt der Liturg die Heiligen Vorgeweihten Gaben vom  vom Altar zum Rüsttisch (Prothesis). Dieses Geschehen wird durch den Ton eines Glöckchens angezeigt. Die geschieht, damit sich alle Gläubigen vor dem Allerheiligsten mit einer großen Matanie niederknien. Nach der Übertragung der Heiligen Gaben auf die Prothesis ertönt wiederum das Glöckchen zum Zeichen, das wir uns nun von den Knien wieder erheben können.

 

Der Priester gießt an der Prothesis Wein in den Kelch und bedeckt die heiligen Gefäße, aber die die Wandlung schon in der vorhergehenden Liturgie vollzogen wurde,  spricht er nichts dazu. Nach Abschluss des letzten Teils des Psalmenkathisma spricht der Diakon erneut eine kleine Ektenija. Danach intonieren die Sänger den Vesperpsalm 140: “Herr, ich rufe zu Dir, erhöre mich…” .

 

Es werden die für diesen Tag bestimmten Stichiren zu Psalm 140 aus dem Fastentriod gesungen Während dessen beräuchert der Diakon den Altar, die Heiligen Gaben auf der Prothesis und die ganze Kirche. In der orthodoxen Kirche symbolisiert der Weihrauch unsere Gebete, die wir zum HERRN erheben. Am Ende des Gesangs der Stichiren vollziehen die Zelebranten bei die feierliche Einzugsprozession mit dem Weihrauchfass. Diese wird durch das Gebet des Liturgen eingeleitet: “Des Abends, des morgens und des mittags loben und preisen wir Dich, danken wir Dir…”

 

 
 

 

Die Zelebranten treten hinaus auf die Solea (eine Erhöhung mit rundem Abschluss vor den königlichen Türen des Ikonostas) und der leitende Zelebrant segnet den Einzug mit den Worten: “Gepriesen sei der Einzug Deiner Heiligkeit, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit“! Der Diakon, der mit dem Weihrauchgefäß das Zeichen des Heiligen Kreuzes macht, ruft laut:  “Weisheit, stehet aufrecht!”. Aufrecht bedeutet in diesem Fall ehrfürchtig. Die Sänger singen nun den urkirchlichen Abend-Hymnus: “Freundliches Licht…”

 

In der Feier der Vesper stellen der Einzug und der abendliche Prokimenongesang, den der Priester aus der Apsis ausruft den Höhepunkt des Gottesdienstes dar. In der Liturgie der vorgeweihten Gaben  beginnen  mit der Verkündung eines besonderen Prokimenon die Lesungen aus der Heiligen Schrift. Gleichzeitig verlässt das Liturgieformular nun den uns vertrauten Ablauf der großen Vesper. Eigentlich ist es aber besser davon zu sprechen, dass sich nun der Gottesdienst zur Liturgie der vorgeweihten Gaben hin erweitert.

 

Das Prokimenon ist ein Vers aus der Heiligen Schrift, in der Regel wird es aus den Psalmen entnommen. Das Prokimenon besteht aus einem jenem Vers, der im eigentlichen Sinn Prokimenon genannt wird, und aus einem oder drei „Stichen“, welche der Wiederholung des Prokimen vorangehen. Das Prokimenon selbst  erhielt seinen Namen davon, dass es der Lesung aus der Heiligen Schrift vorausgeht.

 

Wie an den hohen Feiertagen und Festen sind die Vesperlesungen immder dem Alten Testament entnommen. Im Gegensatz zu den Festlesungen der Vesper erfolgen in der Liturgie der vorgeweihten Gaben nun zwei Abschnitte aus Alten Testament.Zwischen diesen Lesungen, welche Parömien genannt werden, wird ein Ritus vollzogen, welcher uns an die Zeiten erinnert, wo das Große Fasten hauptsächlich eine Vorbereitung der Katechumenen auf den Empfang der heiligen Taufe war.

 

Während der Lesung der ersten Parömie nimmt der Priester die entzündete Kerze und das Weihrauchfass. Nach Beendigung der Lesung macht der Priester mit dem Rauchfass das heilige Kreuzzeichen und ruft laut: “Weisheit, stehet aufrecht!” Darauf wendet sich der Priester den Gläubigen zu, und ruft, während er sie segnet: “Das Licht Christi erleuchte allen!”. Die Kerze ist hier ein Symbol für Christus, das Licht der Welt (vgl.: Johannes 8:12)

 

Auch im Vespergottesdienst werden eigentlich nach dem Hymnus “Freundliches Licht” zum Gesang des Prokimenon die Kerzen entzündet. Das Entzünden der Kerzen zur Zeit der Lesung aus dem Alten Testament bedeutet, dass alle Prophezeiungen der alttestamentlichen Schriften sich im Kommen Christi erfüllt haben. Das Alte Testament führt uns zu Christus, so wie die Zeit der Große Fasten in der alten Kirche mit ihren Taufkatechesen die Katechumenen zur Erleuchtung führt. Das Licht der heiligen Taufe, welches die Katechumenen mit Christus vereint, öffnet dann ihren Geist für das Verständnis des Evangeliums Christi.

 

 

 

Während des Ausrufs “Das Licht Christi erleuchte allen!” vollziehen alle Gläubigen eine große Metanie, wozu sie wiederum der Klang des Glöckchens aufruft. Im Anschluss an die  Worte des Priesters erinnert der Klang des Glöckchens wiederum daran, sich von den Knien zu erheben.

 

Es folgt nun die zweite Lesung aus den Alten Testament.

 

Nach der zweiten Lesung aus dem Alten Testament erfolgt nun ein großer und feierlicher Gesang, Weihrauchopfer genannt. Dabei werden nach vorgeschriebenen Ordnung fünf Verse aus dem abendlichen Vesperpsalm 140 gesungen, die mit dem Vers:  „Aufsteige mein Gebet wie Weihrauch vor Dein Angesicht…“ eingeleitet werden.

 

Ursprünglich, als die Liturgie der vorgeweihten Gaben noch nicht ihre heutige Feierlichkeit entfaltet hatte und einfach der Teilhabe an der heiligen Eucharistie diente, wurden diese Verse während der Kommunion gesungen. Während des Gesangs „Aufsteige mein Gebet…“ haben sich alle Anwesenden in großer Metanie bis zum Boden verneigt, während der Priester am Altar steht und diesen beweihräuchert. Danach beräuchert der Liturg die Prothesis, auf welcher sich die Heiligen Gaben befinden.

 

 

Am Ende des Gesangs wird vom Priester das Gebet gesprochen, das alle Gottesdienste in der großen Fastens begleitet. Es ist das Gebet des heiligen Ephrem des Syrers:

 

Herr und Gebieter meines Lebens, den Geist des Müßiggangs, des Verzagens,der Herrschsucht und der Geschwätzigkeit gib mir nicht. 

 

Große Metanie

 

Schenke mir vielmehr, Deinem Diener,den Geist der Keuschheit, der Demut, der Geduld und der Liebe.

 

Große Metanie

 

Ja, mein Herr und mein König, verleihe mir, meine Sünden zu erkennen und nicht meinen Bruder und meine Schwester zu verurteilen, denn gesegnet bist Du von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Große Metanie

 

Gott, läutere mich Sünder! (zwölf Mal und dazu zwölf kleinen Metanien)

 

Anschließend wird das das ganze Gebet wiederholt.

 

Dieses Gebet, dass von Niederwerfungen bis zum Boden (großen Metanien) begleitet ist, schafft in uns das rechte Verständnis dafür, um was es in der Zeit der großen Fasten überhaupt geht. Die Fastenzeit ist nicht einfach nur ein Sich-Enthalten bei der Nahrung. Es geht in der Fastenzeit darum, dass wir empfindsamer für das geistliche Leben werden können, zu Beten und die Fähigkeit mit der Gnade Gottes zu erlangen, die eigenen Sünden zu sehen, gegen sie zu kämpfen. und nicht permanent voller Ansprüche gegenüber unserem Nächsten zu sein, während wir gleichzeitig keine Gelegenheit auslassen, voller Nachsicht und jede Entschuldigung vorbringend gegenüber unseren eigenen Schwächen und Sünden zu sein. Den altttestamentlichen Lesungen folgen nun eine Lesung aus den Apostelbriefen und ein Kapitel aus dem Evangelium.

 

Nach den biblischen Lesungen wird vom Diakon die inständige Ektenija vorgetragen. Zu denen Beschluss betet der Priester dafür, dass der Herr unser inbrünstiges Flehen annehmen möge, und auf Sein Volk, das heißt, auf uns alle, die wir in der Kirche versammelt sind und Seiner unerschöpfliche Barmherzigkeit harren,  Seine reiche Gnade herabsenden möge.

 

 

 

Das namentliche Gedenken für die Lebenden und Entschlafenen entfällt in der Liturgie der vorgeweihten Gaben. Es folgt direkt die Ektenija für die Katechumenen. In der alten Kirche ging dem Sakrament der heiligen Taufe eine längere Phase der Belehrung voraus. Diese Predigten, die Taufkatechsen wandten sich an alle, die Christen werden wollten.

 

Die Zeit der großen Fasten ist für diejenigen, die sich auf den Empfang der heiligen Taufe oder auf die Konversion zur orthodoxen Kirche durch Myronsalbung vorbereiten, eine Zeit intensiver seelischen und spirituellen Vorbereitung. Jedoch auch für uns bereits Getaufte sollte sie eine Zeit der Erneuerung sein, in der wir alles, was im Lauf der Zeit alt und sündhaft geworden ist abtun (vgl.: 1. Korinther 5: 1-13) und die uns in der heiligen Taufe geschenkten Gnadengaben neu aktualisieren und wirksam werden lassen.

 

In der alten Kirche wurde das Mysterion der heiligen Taufe gewöhnlich vollzogen am Großen Samstag oder am Osterfest selbst vollzogen. Diejenigen, die sich vorbereitet hatten, das Sakrament der heiligen der Taufe zu empfangen, besuchten spezielle katechetische Unterrichtsstunden, in welchen ihnen die Grundlagen der christlichen Glaubenslehre erklärt wurden. Darüber hinaus wurden ihnen die praktischen Regeln und Traditionen erklärt, damit sie ihr künftiges Leben in der orthodoxen Kirche sinnvoll gestalten konnten. Die Katechumenen besuchten auch die Gottesdienste der Kirche. Insbesondere an der Feier der Göttlichen Liturgie nahmen sie  bis zur Ektenija für die Katechumenen teil. Da das Hineinwachsen in den christlichen Glauben ein Lebensprozess in der heiligen Kirche ist, fordert der Diakon alle Gläubigen – das sind alle durch das Mysterion der heiligen Taufe und Myronsalbung in den Leib Christi inkarnierten Glieder der Kirche – auf, für die Katechumenen zu beten, damit der Herr sich ihrer erbarme, ihnen das Wort der Wahrheit erkläre und ihnen die Gerechtigkeit des Evangeliums offenbare. Diese Ektenija wird durch das Gebet des Priesters über die gebeugten Häupter der Katechumenen abgeschlossen, in dem dieser den HERRN bittet Ihn darum, dass ER die Katechumenen von alten Schlingen und Listen des Widersachers befreie und sie zur geistlichen Herde Christi hinzuzählen möge.

 

 

 

Von der Mitte der großen Fastenzeit an an wird noch eine Ektenija für die „Täuflinge“, das sind diejenigen die schon bereit sind zur Erleuchtung durch die Heilige Taufe, hinzugefügt. In der Alten Kirche folgte einer Phase der lang dauernder Belehrung der Taufbewerber, die sich auf einige Jahre erstrecken konnte, die Phase der eigentlichen Taufvorbereitung, in welcher die Katechumenen  (Taufbewerber) in den Stand der Täuflinge wechselten. Sie empfingen an einem der altkirchlichen Tauftage, an  den wir noch heute in der Göttlichen Liturgie nicht das “Heiliger Gott”, sondern das “alle, die ihr auf Christus seid getauft” singen. Der Priester betet im Gebet am Ende dieser Ektenija, dass der Herr sie im Glauben stärken, ihre Hoffnung festigen, sie in der Liebe vervollkommnen und sie zu würdigen Gliedern des Leibes Christi machen möge.

 

Nun folgen die beiden Ektenija für die Gläubigen. In den priesterlichen Gebeten, die zu diesen Fürbitten gehören, wird im ersten Gebet um Reinigung der Seele, des Leibes und der Sinne gebetet, während das zweite Gebet uns auf die Übertragung der Vorgeweihten Gaben vorbereitet.

 

Nun kommt die feierliche Übertragung der Heiligen Gaben auf den Altar. Äußerlich ähnelt dieser Einzug dem großen Einzug der Feier der Göttlichen Liturgie, aber seinem Wesen und seiner geistlichen Bedeutung nach ist er natürlich etwas vollkommen verschiedenes.

 

Die Sänger beginnen den Einzugs-Hymnus “Himmlische Mächte dienen jetzt unsichtbar mit uns”

zu singen.

 

Himmlische Mächte dienen jetzt unsichtbar mit uns, denn  siehe, der König der Herrlichkeit tritt ein und das vollendete, geheimnisvolle Opfer wird getragen.

 

Der Priester am Altar, mit hoch erhobenen Armen, spricht dreimal diese Worte, auf welche der Diakon antwortet: „Gläubig und voll Liebe lasst uns herzutreten, um teilhaftig zu werden des ewigen Lebens.”

 

Danach bekreuzigen und verneigen sich Priester und Diakon dreimal, küssen den Altar und gehen zur Prothesis Dort verneigen sich auch dreimal und sprechen: “Gott, reinige mich Sünder”.Dann empfängt der Priester vom Diakon das Weihrauchfass und beweihräuchert die heiligen Gaben. Nun legt er das große Velum auf die linke Schulter des Diakons und ergreift mit der rechten Hand den Diskos und hebt diesen über seinen Kopf, während er mit der linken Hand den Kelch vor der Brust hält. Während alle in der Kirche und im Altarraum sich bis zur Erde verneigen, vollziehen Priester und Diakon in vollkommenem Schweigen den Großen Einzug. Hierbei weihräuchert der Diakon fortwährend vor den heiligen Gaben, auf welche er ohne Unterbrechung schaut und sich rückwärtschreitend beim Einzug bewegt. Der Priester ruft, an den königlichen Türen angekommen: „Gläubig und voll Liebe lasst uns herzutreten“ und stellt die Heiligen Gaben auf den Altar, nimmt die Aer von Diskos und Kelch und bedeckt sie mit dem großen Velum.

 

Nach der Übertragung der Vorgeweihten Heiligen Gaben auf den Altar erheben sich alle wieder und die Sänger vollendet den Gesang:

 

Gläubig und voll Liebe lasst uns herzutreten, um teilhaftig zu werden des ewigen Lebens. Alleluja, Alleluja, Alleluja.

 

 

 

Danach wird das Gebet des Heiligen Ephrem des Syrers mit drei Großen Metanien gesprochen. Nun spricht der Priester die Bittektenija. Dann bittet er im Gebet, dass der Herr uns und Sein gläubiges Volk von jeder Unreinheit befreie, all unsere Seelen und Leiber heiligen möge, damit wir mit reinem Gewissen, nicht beschämtem Antlitz, erleuchtetem Herze vereinigt werden mit Christus Selbst, unserem wahren Gott.

 

Nun kommt bald der Augenblick der Heiligen Kommunion. Deshalb folgt jetzt  das Gebet des Herrn, das Vater Unser, das unsere Vorbereitung auf dem Empfang der heiligen Eucharistie zum Abschluss bringt. Nach dem Vater unser erteilt der Priester den Segen und der Diakon fordert alle auf, das Haupt vor dem Herrn zu beugen. Der Priester spricht nun das Gebet über die sich verneigenden Gläubigen, in dem er den Herrn bittet, dass ER Sein Volk beschützen und uns alle würdig machen möge, an Seinen lebensschaffenden Mysterien teilzunehmen. 

 

 Dann folgt der  Ausruf des Diakons: “Lasset uns aufmerken“. Der Priester, mit seiner Hand an die Heiligen Gaben rührend, verkündet: „Das Vorgeweihte Heilige den Heiligen!“ Die Sänger singen: „Einer ist heilig, Einer der Herr, Jesus Christus, zur Herrlichkeit Gottes des Vaters. Amen.“ 

 

 
 

 

Nachdem die Zelebranten kommuniziert haben, werden die Heiligen Gaben vorbereitet für alle, die heute an der heiligen Eucharistie teilnehmen wollen und in den heiligen Kelch zum Wein hineingetaucht. Alle, die sich heute zur Empfang der heiligen Eucharistie vorbereitet haben, können dann zum Kelch des Heiles hinzutreten. In unseren Gemeinden haben die Gläubigen die Vorbereitungsgebete zum Empfang der Heiligen Kommunion dem Umfang nach der persönlichen Maßgabe der geistlichen Anweisungen durch ihren Beichtvater gesprochen und sofern sie nicht chronisch oder akut ernsthaft erkrankt sind, ab der Mittagszeit das eucharistische Fasten gewahrt.

 

Die Alte Kirche kannte keinen anderen Beweggrund für die Teilnahme an der Göttlichen Liturgie, als dem, in ihr an der heiligen Kommunion teilzuhaben. Heute ist unser eucharistische Empfinden bedauernswerterweise sehr schwach geworden. Wir erfahren oft nicht, wie notwendig das eucharistische Brot der Engel – und um das geht es nach der Auslegung der Heiligen Väter in der Bitte des Vater Unser :”… unser tägliche Brot gib uns heute …” – für unser ganzes Leben ist. Die Vergöttlichung, die gnadenhafte Teilhabe am Göttlichen Leben, wird uns durch den Empfang der heiligen Gaben geschenkt. Doch es dreht sich bei der Heiligen Kommunion nicht um “Verzauberung”, sondern um unsere geistliche Umwandlung vermittels unsere Teilhabe an den Verwandelten Heiligen Gaben. Insofern ist die Teilnahme an der Heiligen Kommunion gleichsam das Samenkorn des Glaubens, das in unsere Seelen gepflanzt wird und das wir durch ein Leben des Gebetes und in der Nachfolge Christi begießen, so dass es zu dem großen, aus der Gemeinschaft mit Christus blühenden, Baum unseres Lebens werden kann.

 

Jetzt ist in der Liturgie der vorgeweihten Gaben der Augenblick gekommen, wo alle, die an der heiligen Eucharistie teilhaben wollen, mit Christus vereinigt werden. Der Priester mit dem Heiligen Kelch spricht das Gebet vor der Heiligen Eucharistie: “ich glaube Herr, und ich bekenne, dass Du in Wahrheit bis Christus…”

 

Eine Besonderheit der Liturgie der vorgeweihten Gaben ist, dass die konsekrierten Gaben das in der vorhergehenden Liturgie gewandelte Lamm ist, dass mit den allheiligen Blut getränkt wurde. Deshalb können Säuglinge in dieser Liturgie erst dann kommunizieren, wenn sie schon imstande sind, ein Stückchen vom Heiligen Brot zu empfangen. Der Chor singt zu dieser Zeit einen besonderen Kommunionvers: “Kostet das himmlische Brot und den Kelch des Lebens und seht wie gnädig ist der Herr“.

 

Nach dem Austeilen der heiligen Kommunion geht der Priester zum Altar und erteilt dem Volk den Segen. Es folgt die abschließende Ektenijader Danksagung und das Gebet vor dem  Ambon, Dann spricht er die Entlassung und den Schlusssegen, in der Anstelle des heiligen Johannes Chrysostomus oder des heiligen Basilius des Großen der heilige Gregor Dialogos, der Papst von Alt-Rom erwähnt wird, ein Heiliger der noch ungeteilten Kirche, auf den unsere orthodox-byzantinische Tradition zurückgeht, die Liturgie der vorgeweihten Gaben zu feiern.

https://orthodoxerglaube.jimdofree.com/

Ergänzung zum Gottesdienstplan!

Liebe Brüder und Schwestern,

zu den geplanten Gottesdiensten komm am 10.04.2021 um 15:00 noch eine Krankensalbung hinzu.
Melden Sie sich bitte unter der Telefonnummer 017680785073 bei Anna vorher an.

Vielen Dank.

Zweiter Fastensonntag, Heiligen Gregor Palamas.

 

Autor: Abt Dionisij (Schlenow) [Игумен Дионисий (Шленов): “Святитель Григорий Палама: житие, творения, учение”]
Quelle: www.bogoslov.ru
Übersetzung: Roman Bannack

Vita [1]

Inhalt
Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Der künftige heilige Erzbischof wurde 1296 geboren und bekam seine Ausbildung in Konstantinopel. Nach dem frühen Tod seines Vaters, des Senators Konstantin, der 1301 folgte, fiel es Gregor zu, unter dem Schutz des Kaisers Andronikos II zu kommen. Auf diese Weise verbrachte der junge Mann die ersten 20 Jahre seines Lebens am Kaiserhof, und für später stand ihm, der er verschiedentlich talentiert war, eine steile und erfolgreiche Karriere bevor. Er studierte die weltlichen Disziplinen und die Philosophie beim besten Lehrer dieser Zeit – Theodor Metochites, welcher Philologe und Theologe, Rektor der Universität und, wie man dieses Amt heutzutage nennt, Ministerpräsident war. Gregor Palamas war der beste seiner Schüler; ein besonderes Interesse hatte er an der Philosophie des Aristoteles. Im Alter von 17 Jahren hielt Gregor Palamas am Hofe des Kaisers vor selbigem und anderen hochgestellten Persönlichkeiten sogar eine Vorlesung über den Syllogismus des Aristoteles. Der Vortrag war von solchem Erfolg, dass Metochites am Ende ausrief: Selbst Aristoteles würde, wäre er anwesend, nicht umhinkommen, ihn [Gregor] zu loben.

Ungeachtet all dessen blieb Gregor erstaunlich gleichgültig gegenüber der Politik und der Welt. Gegen 1316, im Alter von 20 Jahren, verließ er den Palast und die Beschäftigung mit der Philosophie und begab sich auf den Heiligen Berg [2], wo er sich einem asketischen Leben, Übungen und der Gottesschau widmete. Er gewöhnte sich noch während seiner Zeit am Hof allmählich an äußerste Askese. Auf dem Athos lebte Gregor in einer Zelle unweit des Klosters Vatopedi unter der Anleitung des heiligen Nikodemos, von welchem er auch die Mönchstonsur erhielt. Nach dem Tod seines Meisters (gegen 1319) siedelte er ins Kloster Megisti Lavra des hl. Athanasios über, in dem er drei Jahre verbrachte. Später, ab 1323, lebte er in der Skite Glossia, wo er seine Zeit im Wachen und in Gebeten verbrachte.

Hl. Gregorios Palamas, Erzbischof von Thessalonike (Ikone, Byzanz, 14. Jh.)

Zusammen mit anderen Mönchen war er 1325 aufgrund der ständigen Angriffe der Türken auf den Heiligen Berg gezwungen, diesen zu verlassen. Auf Bitte seiner Begleiter, der Mönche, wurde Gregor in Thessalonike zum Priester geweiht. Von dort begab er sich in die Gegend von Beröa, einer Stadt, in der einst der Apostel Paulus predigte; dort setzte er seine Askese fort. Fünf Tage in der Woche widmete er sich dem inneren Gebet, während er sich in seiner engen Zelle, einer Höhle, einschloss, die sich am Hang eines von dichtem Wildwuchs besetzten Felsens an einem Bergbach befand. Am Samstag und am Sonntag verließ er seine Klausur, um am Gottesdienst teilzunehmen, der im Katholikon des Klosters zelebriert wurde.

Allerdings veranlasste der Einfall der Slawen, der auch dieses Gebiet betraf, Gregor 1331 wieder auf den Heiligen Berg zurückzukehren, wo er sein asketisches Leben in der Einsiedelei des hl. Sabbas fortsetzte, die sich im athonitischen Gebirgsvorland oberhalb der Großen Lavra befand. Diese Einsiedelei ist bis heute erhalten. Von den Winden des Athos umweht, bezaubert sie, wie schon zu Zeiten des hl. Gregor, die Pilger durch ihre vollkommene Einsamkeit und Stille.

Später wurde Gregor für kurze Zeit zum Abt des Klosters Esphigmenou gewählt. Ungeachtet der Aufgaben, die er damit auf sich genommen hatte, strebte er fortwährend zurück in die Stille der Einsiedelei. Er hätte sich dieses Bestreben erfüllt, hätte nicht ein gelehrter Mönch aus Kalabrien (Süditalien) namens Barlaam (1290-1350) ihn dazu veranlasst, sich der Polemik zu befleißigen. Der Streit mit Barlaam währte 6 Jahre, von 1335 bis 1341.

Barlaam entstammte einer orthodoxen griechischen Familie und beherrschte die griechische Sprache sehr gut. Er besuchte Byzanz und landete schließlich in Thessalonike. In der Mitte der 30-er Jahre des 14. Jahrhunderts belebten sich die theologischen Disputationen zwischen Griechen und Lateinern. In seinen antilateinischen Schriften, die u.a. gegen die lateinische Lehre von dem Ausgang des Heiligen Geistes „und vom Sohne“ gerichtet waren, unterstrich Barlaam, dass Gott unergründlich sei und deswegen Aussagen über Gott nicht beweisbar seien. Daraufhin verfasste Palamas seine apodiktischen Traktate gegen die lateinische Neuerung, wobei er den theologischen „Agnostizismus“ Barlaams und das übermäßige Vertrauen in die Autorität der heidnischen Philosophie einer Kritik unterzog.

Das war die erste theologische Auseinandersetzung zwischen den beiden. Die zweite folgte im Jahre 1337, als Barlaam durch einige einfachen und ungebildete Mönchen von einem quasi technischen Kunstgriff erfuhr, den die Hesychasten beim Verrichten ihres Herzensgebetes gebrauchten. Nachdem er gleichermaßen die Werke einiger hesychastischer Väter studierte, die dem Gebet gewidmet waren, begann er, die Hesychasten heftig anzugreifen, indem er sie als Messalianer [3] und „Omphalopsychen“ („Bauchseelen“, ὀμφαλόψυχοι) bezeichnete. Hier wurde Palamas mit der Widerlegung der Angriffe des Barlaam betraut. Die persönliche Begegnung beider führte zu keinem positiven Ergebnis, sondern verschärfte die Meinungsverschiedenheit noch mehr. Auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahre 1341 (das Konzil tagte am 10. Juni) wurde Barlaam, der die Hesychasten einer falschen Methode des Gebets bezichtigte und die Lehre vom Thabor-Licht bestritt, verurteilt. Und obwohl er um Vergebung bat, brach er noch im Juni desselben Jahres nach Italien auf, wo er zum römischen Katholizismus übertrat und später zum Bischof von Gerace ernannt wurde.

Nach dem Konzil von 1341 und der Abreise Barlaams war die erste Etappe der palamitischen Auseinandersetzungen beendet.

Auf der zweiten und dritten Etappe dieser Auseinandersetzungen traten Gregorios Akyndinos und Nikephoros Gregoras als Gegner Palamas’ auf; im Unterschied zu Barlaam kritisierten sie nicht die psychosomatische Methode des Gebets der Hesychasten. Die Auseinandersetzung nahm einen theologischen Charakter an und berührte nun die Frage nach den göttlichen Energien, der Gnade, des ungeschaffenen Lichts.

Der zweite Teil des Streits fiel mit dem Bürgerkrieg zusammen, der zwischen Johannes Kantakouzenos und Johannes Palaiologos zwischen 1341 und 1347 entbrannte. Am 15. Juni 1341 starb Kaiser Andronikos III. Sein Thronfolger, Johannes V. Palaiologos, war noch nicht volljährig, weswegen es im Staat aufgrund von erbitterten Machtkämpfen zwischen dem Großdomestikos [4] Johannes Kantakouzenos und dem Großstrategen [5] Alexios Apokaukos zu schweren Erschütterungen kam. Patriarch Johannes Kalekas unterstützte Apokaukos, während Palamas der Ansicht war, dass der Staat nur durch Kantakouzenos bestehen würde. Diese Einmischung des Palamas in die Politik bewirkte, dass er, der eigentlich nicht besonders zu politischer Aktivität neigte, den größten Teil seines weiteren Lebens in Gefängnissen und Verliesen zubrachte.

Inzwischen wurde im Juli 1341 ein weiteres Konzil einberufen, das Akyndinos verurteilte. Ende 1341 / Anfang 1342 begab sich Palamas in Klausur; erst ins Kloster des hl. Michael in Sosthenios [6], und später (nach dem 12. Mai 1342) in eine der Einsiedeleien dieses Klosters. Im Mai/Juni 1342 fanden zwei Konzilien statt, welche Palamas verurteilen sollten, allerdings keinerlei Wirkung hatten. Bald darauf begab sich Palamas nach Herakleia, von wo aus er 4 Monate später unter dem Schutz eines militärischen Konvois nach Konstantinopel überführt und dort unter Bewachung in einem Kloster eingeschlossen wurde. Nach einem zweimonatigen Aufenthalt in der Hagia Sophia, wo der hl. Gregor zusammen mit seinen Jüngern aufgrund des Asylrechts Unantastbarkeit genoss, wurde er im Palastgefängnis interniert. Im November 1344 wurde der hl. Gregor Palamas exkommuniziert, und Akyndinos, sein hauptsächlicher Gegner, wurde am Ende des gleichen Jahres erst zum Diakon, dann zum Priester geweiht. Allerdings wurde Palamas dank der veränderten politischen Umstände auf einem Konzil am 2. Februar 1347 rehabilitiert, während seine Gegner verurteilt wurden.

Nach dem Sieg des Johannes Kantakouzenos und seiner Proklamation zum Kaiser wurde der Patriarchensitz (am 17. Mai 1347) von Isidoros Buchiras eingenommen, welcher ein Freund der Hesychasten war; Gregor Palamas wurde kurz darauf zum Erzbischof von Thessalonike gewählt. Hier begann die dritte Etappe der palamitischen Auseinandersetzungen. Als Hauptgegner Palamas’ trat Nikephoros Gregoras auf. Politische Unruhen in Thessalonike hinderten Gregor daran, die Stadt zur Erfüllung seines Amtes zu betreten. Hier waren die Zeloten Herren der Lage; diese waren Freunde der Palaiologen und Gegner Kantakouzenos’. Sie verhinderten die Ankunft Palamas bis zur Eroberung Thessalonikes durch Kantakouzenos im Jahr 1350. Bis dahin besuchte Palamas den Athos und Lemnos. Als er schließlich nach Thessalonike kam, gelang es ihm, die Bewohner der Stadt zu befrieden. Allerdings setzten seine Gegner ihre eifrige Polemik fort. Deshalb fanden im Mai/Juni und im Juli 1351 zwei Konzilien statt, welche seinen Gegner Nikephoros Gregoras verurteilten und Palamas als „Verteidiger der Frömmigkeit“ verkündeten. Auf dem ersten dieser Konzilien wurde die Lehre von der Einheit Gottes und der Unterscheidung zwischen dem [göttlichen – d.Ü.] Wesen und den ungeschaffenen Energien festgeschrieben. Das zweite Konzil verkündete sechs dogmatische Bestimmungen mit den entsprechenden sechs Anathemata, die gleich nach dem Konzil ins Synodikon [des Sonntags – d.Ü.] der Orthodoxie aufgenommen wurden. Außer der Festschreibung der oben genannten Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Energien wurde hier die die Unmöglichkeit der Teilhabe am Göttlichen Wesen und die Möglichkeit der Teilhabe an den Göttlichen Energien, welche ungeschaffen sind, verkündet.

1354 begab sich Palamas auf den Weg nach Konstantinopel, um dort als Vermittler zwischen Kantakouzenos und Johannes Palaiologos aufzutreten; unterwegs wurde er von den Türken gefangen genommen, welche ihn ungefähr ein Jahr festhielten, bis die Serben das geforderte Lösegeld für seine Befreiung zahlten. Seine Gefangenschaft empfand er als eine willkommene Gelegenheit, bei den Türken die göttliche Wahrheit zu predigen, was er auch in die Tat umsetzte, wie man an seinem Schreiben an die Kirche in Thessalonike sieht, oder an zwei Texten von Unterredungen mit Vertretern der Türken. Er sah, dass die Zerstörung des Reiches durch die Türken nahezu unabwendbar war, weshalb er die Meinung vertrat, die Griechen müssten unverzüglich daran gehen, die Türken zum Christentum zu bringen.

Nach der Befreiung aus türkischer Gefangenschaft und seiner Rückkehr nach Thessalonike setzte der hl. Gregor seine bischöfliche Tätigkeit fort, bis 1359 oder – nach neueren Erkenntnissen – 1357, als er einem seiner alten Leiden erlag, die ihn seit langem plagten. Der hl. Gregor starb am 14. November im Alter von 63 (oder 61) Jahren. Anfangs wurde er als lokaler Heiliger in Thessalonike verehrt, aber schon bald, 1368, wurde er durch Konzilsbeschluss von Patriarch Philotheos Kokkinos offiziell in den Heiligenkalender der Hagia Sophia eingetragen; derselbe stellte auch seine Vita und den Gottesdienst zu seinen Ehren zusammen. Erst wurden die Gebeine des hl. Gregor in der Kathedrale der Hagia Sophia in Thessalonike untergebracht, heute wird ein Teil davon in der Metropolitenkathedrale zu Ehren des hl. Gregor Palamas nahe der städtischen Uferpromenade bewahrt.

Werke

Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Gregor Palamas schuf zahlreiche Werke theologischen, polemischen, asketischen und moraltheologischen Charakters, außerdem viele Homilien und Epistel.

„Die Vita Petros’ des Athoniten“ ist das erste Werk des hl. Gregor Palamas; es wurde ungefähr 1334 geschrieben.

In den „neuen Schriften“ gegen die Werke des [Patriarchen – d.Ü.] Johannes Bekkos und in zwei apodiktischen Traktaten „Gegen die Lateiner“ (geschrieben 1334/35 oder, nach neuesten Erkenntnissen, 1355) wird die Frage nach dem Hervorgang des Heiligen Geistes erörtert. Der Heilige Geist als Hypostase geht einzig vom Vater aus. Die Hypostase des Heiligen Geistes ist nicht und vom Sohne; sie wird von niemandem gegeben und von niemandem empfangen, [solcher Art ist] aber die Göttliche Gnade und Energie [7]. Wie auch in der Lehre des Nikolaos, Bischof von Methone, ist das Hervorgehen eine hypostatische Eigenschaft, während die Gnade, welche Energie ist, den Drei Personen der Heiligen Dreifaltigkeit gemein ist. Nur von dieser Gemeinheit ausgehend kann man davon sprechen, dass der Heilige Geist vom Vater und von Sohn wie auch von Sich Selbst hervorgeht. Diese Ansicht über das Hervorgehen ist die gleiche, wie sie in der Lehre des Nikephoros Blemmydes und Gregors von Zypern dargestellt ist, welche, die Treue zur Überlieferung der heiligen Väter bewahrend, Hoffnungen bezüglich des theologischen Dialogs zwischen Ost und West hegten.

Das Werk „Triaden zur Verteidigung der heiligen Schweiger“ wurde geschrieben, um den Angriffen Barlaams auf die Hesychasten entgegenzutreten; darin werden auch andere theologische Fragen beantwortet, die zum Gegenstand der Auseinandersetzungen wurden. Das Werk ist in drei Triaden unterteilt, jede davon besteht aus drei Traktaten. Die erste Triade, welche im Frühjahr 1338 in Thessalonike entstand, ist der Frage nach der Ergründbarkeit Gottes gewidmet. Indem er gegen die zu diesem Zeitpunkt gerade erst publik gewordene Meinung Barlaams auftritt, besteht Palamas darauf, dass der Weg der Gotterkenntnis keine äußerliche Philosophie ist, sondern eine Offenbarung in Christus. Christus hat den gesamten Menschen erneuert, deshalb ist der ganze Mensch, sowohl Seele, als auch Leib, dazu befähigt, am Gebet teilzunehmen. Der Mensch wird bereits in diesem Leben Gottes Gnade teilhaftig und kostet als eine Art Unterpfand das Geschenk der Vergöttlichung, welche er in Fülle in der kommenden Zeit kosten wird.

In der zweiten Triade (welche im Frühjahr-Sommer 1339 entstand) unterzieht er die Behauptung Barlaams, das philosophische Wissen könne dem Menschen das Heil bringen, einer scharfen Kritik. Der Mensch tritt nicht in die Gemeinschaft mit Gott ein, indem er geschöpfliche Mittel gebraucht, sondern einzig durch die Göttliche Gnade und durch die Teilhabe am Leben Christi.

Die dritte Triade (geschrieben im Frühjahr-Sommer 1340) beschäftigt sich mit der Frage der Vergöttlichung und mit dem Thaborlicht als ungeschaffene Göttliche Energie. Der Mensch kann nicht des göttlichen Wesens teilhaftig werden, sonst würden wir in einen Pantheismus verfallen; allerdings kann er der natürlichen Energie und der Gnade Gottes teilhaftig werden. Hier ergründet der hl. Gregor systematisch den seiner Lehre zu Grunde liegenden Unterschied zwischen dem Wesen und der Energie. Die gleichen Fragen werden in den fünf Briefen besprochen: drei an Akyndinos und zwei an Barlaam, die noch zu Beginn des Disputs geschrieben wurden.

In den Werken der Kategorie „Glaubenslehre“ (dem „Tomos Hagioretikos“ vom Frühjahr-Sommer 1340, dem „Glaubensbekenntnis“ u.a.) und in den Schriften, die unmittelbar mit der Auseinandersetzung zu tun haben („Über die Göttliche Einheit und Unterscheidung“, Sommer 1341; „Über die Göttliche und vergöttlichende Teilhabe“, Winter 1341/42; „Dialog des orthodoxen Theophanos mit Theotimos“, Herbst 1342 u.a.) sowie auch in 14 Sendschreiben, die Mönchen, Geistlichen und Laien adressiert sind (der letzte Brief ist an die Kaiserin Anna Palaiologos gerichtet) werden weiterhin strittige Fragen zwischen Palamas einerseits und Barlaam bzw. Akyndinos andererseits erörtert.

Die sieben „Antirrhitika gegen Akyndinos“ (entstanden zwischen 1342 und [deren letzte] nicht vor dem Frühjahr 1345) wurden verfasst, um den entsprechenden Antirrhitika gegen Palamas entgegenzutreten, die von Gregor Akyndinos verfasst wurden. In ihnen geht es um die Folgen der Missachtung einer Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Energien in Gott. Akyndinos, der die Meinung ablehnte, dass die Gnade Gottes eine natürliche Energie des göttlichen Wesens sei, sondern annahm, sie wäre vielmehr geschöpflichen Wesens, verfällt letztlich in eine Häresie, die schlimmer ist, als die des Arius. Die Gnade Gottes, so Palamas, erscheint den Heiligen als ungeschaffenes Licht, ähnlich dem, das die Apostel bei der Verklärung Christi wahrnahmen. Dieses ungeschaffene Licht und die Energien Gottes überhaupt sind allgemein der Ausdruck des einen Wesens des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

„Gegen Gregoras“ schrieb Palamas 4 entkräftende Homilien (die erste und zweite 1355/56; die dritte und vierte 1356/57). Gregoras vertrat die theologischen Thesen Barlaams, indem er behauptete, die Gnade Gottes und besonders das Licht der Verklärung sei geschaffen. Palamas widerlegt die Argumente Gregoras’ und behauptet seinerseits, dass das Licht der Verklärung weder Geschöpf noch Symbol waren, sondern ein Abglanz des göttlichen Wesens und einer Bestätigung einer wirklichen Kommunion zwischen Gott und Mensch.

Alle oben genannten Schriften Palamas’ zeichnen sich durch einen deutlich polemischen Charakter aus, der auf die Widerlegung seiner Gegner ausgerichtet ist. Palamas artikuliert allerdings seine theologischen Thesen in voller Klarheit ebenso in den weniger polemischen theologischen und asketischen Werken. In den „150 theologischen, moralischen und praktischen Kapiteln“ (1349/50) legt er die grundlegenden Themen seiner Lehre in kurzen Kapiteln dar, womit er sich der für alle asketischen Schriftsteller des Ostens typischen Methode bedient. In manchen Fällen bringt er ganze Passagen aus seinen früheren Werken. Seine Theologie systematisierend, legt er sie in Klarheit und Fülle dar, nebst seinen philosophischen Ansichten.

Die Schrift „An Xenia über die Leidenschaften und die Tugenden“ (1345/46) ist an eine Nonne gerichtet, welche mit der Erziehung der Tochter Kaiser Andronikos’ III betraut war. Es handelt sich dabei um ein umfassendes asketisches Traktat, das dem Kampf mit den Leidenschaften und dem Erlangen der christlichen Tugenden gewidmet ist.

Während der Zeit des Bischofsdienstes in Thessalonike entstand vom Ambo der Kathedralkirche der größte Teil seiner 63 Homilien des hl. Gregor Palamas. In diesen Homilien spiegelt sich seine tiefe Spiritualität, theologische Begabung und Ergebenheit der Kirche wider. Obwohl die Homilien überwiegend asketisch-moralische und sozial-patrologischen Inhalts sind, findet sich in ihnen auch Platz für Betrachtungen über das Thaborlicht (in den Homilien 34, 35 „Über die Verklärung des Herrn“). Manche Zuhörer konnten den Gedanken der Homilien des hl. Gregors nicht folgen, weil es ihnen an Bildung mangelte. Er zieht es trotzdem vor, in elaboriertem Stil zu sprechen, um so besser die auf der Erde liegenden aufzurichten, statt die in der Höhe befindlichen um derentwillen herabzureißen. Im Übrigen kann jeder aufmerksame Zuhörer das Gesagte klar verstehen.

Aus den Texten, die in der Zeit seiner Gefangenschaft bei den Türken entstanden sind, ist besonders der „Brief an seine Kirche [in Thessalonike]“ wertvoll, welcher außer verschiedenen historischen Zeugnissen auch einige seiner Unterredungen beschreibt und Episoden enthält, in denen Türken vorkommen.

Außer den oben genannten sind eine Menge kleinerer Werke von entkräftendem, polemischem, asketischem und theologischem Inhalt erhalten, sowie auch vier Gebetstexte.

Lehre

Der hl. Gregor Palamas teilte der Theologie durch den Gebrauch einer schöpferisch überarbeiteten Terminologie eine gewisse neue Richtung mit. Seine Lehre war nicht einfach von philosophischen Begriffen geprägt, sondern bildete sich auf vollkommen anderen Prinzipien. Er treibt Theologie auf der Grundlage persönlicher spiritueller Erfahrung, die er in der Askese als Mönch und als Streiter wider jene bekam, welche den Glauben verzerrten, welchen er theologisch untermauerte. Deshalb begann er auch nicht in jungen Jahren, sondern erst in recht fortgeschrittenem Alter damit, seine Werke zu schreiben.

1. Philosophie und Theologie

Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Barlaam vergleicht das Wissen mit Gesundheit, welche er nicht unterteilt in Gesundheit, die Gott gewährt, und Gesundheit, welche man dank der Kunst eines Arztes besitzt. Ebenso ist das Wissen, göttliches und menschliches, also die Theologie und die Philosophie, dem kalabrischen Denker zufolge eines [8] : Die Philosophie und die Theologie sind als Gottes Gaben vor Gott gleichwertig. Als Antwort auf den ersten Vergleich schreibt der hl. Gregor davon, dass es Ärzten unmöglich ist, unheilbare Krankheiten zu heilen, sie können zum Beispiel keine Toten auferwecken [9].

Weiterhin zieht Palamas eine absolut deutliche Unterscheidung zwischen Theologie und Philosophie, indem er sich vollkommen auf die Überlieferung der heiligen Väter stützt. Das äußere Wissen unterscheidet sich absolut vom wahren und geistlichen Wissen, es ist unmöglich, vom [äußeren Wissen] irgend etwas Wahres über Gott zu erfahren [10]. Dabei besteht zwischen dem äußeren und dem geistlichen Wissen nicht bloß ein Unterschied, sondern sogar ein Widerspruch: es steht dem wahren und geistlichen Wissen feindlich gegenüber [11].

Palamas zufolge gibt es zwei Arten Weisheit: die Weisheit der Welt und die göttliche Weisheit. Wenn die Weisheit der Welt der göttlichen Weisheit dienlich ist [12], stellen sie einen Baum dar, bei dem die erste Weisheit Blätter, die zweite die Früchte hervorbringt [13]. Ebenso ist die Art der Wahrheit zweierlei [14] : eine Wahrheit bezieht sich auf die gottinspirierte Schrift, die andere auf die äußere Bildung und Philosophie. Diese beiden Arten der Wahrheit verfolgen nicht nur verschiedene Ziele, sondern beruhen auch auf unterschiedlichen, ihnen zugrunde liegenden Prinzipien. Die Philosophie, die von den Sinneseindrücken ausgeht, gipfelt in der Erkenntnis. Die göttliche Weisheit aber beginnt von der Gnade aufgrund der Reinheit des Lebens, ebenso vom wahren Wissen des Seienden, welches nicht auf der Lehre, sondern auf der Reinheit beruht [15]Wenn du unrein bist, wirst du, auch wenn du alle Philosophie von Adam bis zum Ende der Welt erforscht hast, trotzdem ein Dummkopf bleiben, oder noch schlimmeres, keinesfalls aber ein Weiser [16]. Das Ende der Weisheit ist ein Unterpfand der kommenden Zeit, ein Nicht-Wissen, das alles Wissen übersteigt, ein geheimnisvolles Teilhaben am Geheimnisvollen, ein nicht auszudrückendes Sehen, ein geheimnisvolles und nicht ausdrückbares Schauen und Erkennen des ewigen Lichts [17].

Die Vertreter der äußerlichen Weisheit unterschätzen die Kraft und die Gaben des Heiligen Geistes, d.h. sie kämpfen gegen die geheimnisvollen Energien des Geistes an [18]. Die Weisheit der Propheten und der Apostel wird nicht durch Belehrung erworben, sondern vom Heiligen Geist geschenkt [19]. Der Apostel Paulus, der bis in den dritten Himmel entrückt worden ist, wurde nicht durch Gedanken und den Verstand erleuchtet, sondern empfing die Erleuchtung der Kraft des gütigen Geistes der Hypostase nach in seiner Seele [20]. Die Erleuchtung, welche in einer reinen Seele stattfindet, ist keine Erkenntnis, weil sie jeden Gedanken und jedes Erkennen übersteigt [21]. Das „hauptsächliche Gute“ wird von Oben herab gesandt, ist eine Gabe der Gnade und keine natürliche Gabe [22].

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Barlaam schloss jede Möglichkeit der Gotterkenntnis und der apodiktischen Darlegung von Syllogismen über das Göttliche aus, denn für ihn war Gott unergründbar. Er ließ nur eine gewisse symbolische Gotterkenntnis zu, und das selbst nicht im irdischen Leben, sondern erst nach der Trennung des Leibes und der Seele.

Palamas ist damit einverstanden, dass Gott unergründbar ist, allerdings schreibt er diese Unergründbarkeit der grundlegenden Eigenschaft des Wesens der Gottheit zu. Seinerseits hält er eine gewisse Erkenntnis für möglich, wenn der Mensch bestimmte Voraussetzungen des Wissens von Gott erfüllt, Welcher durch Seine Energien zugänglich wird. Gott ist gleichzeitig ergründbar und unergründlich, bekannt und unbekannt, aussprechbar und unaussprechlich. Das Wissen von Gott kommt von der „Theologie“, welche zweierlei Natur haben kann: eine kataphatische und eine apophatische. Die kataphatische Theologie hat ihrerseits zwei Wege: den Verstand, der durch die Betrachtung des Seienden zu einer gewissen Erkenntnis gelangt [23], sowie die Schrift und die Väter.

Im Corpus Areopagiticus wird der apophatischen Theologie Vorrang eingeräumt, bei welcher der Asket, die Grenzen alles Sinnlichen hinter sich lassend, in die Tiefe der Göttlichen Finsternis eintaucht [24]. Nach dem heiligen Gregor Palamas ist das, was den Menschen aus der Kataphatik herausführt, der Glaube, welcher ein Beweis oder ein Über-Beweis für das Göttliche ist: …besser als jedweder Beweis und ein gewisser, gleichermaßen keinen Beweis benötigender Anfang eines heiligen Beweises ist der Glaube [25]. P. Christou schreibt, dass in der Lehre Palamas’ die „apophatische Theologie ein übernatürliches Wirken des Glaubens darstellt [26].

Eine geistlich-erfahrungsgemäße Bestätigung des Glaubens ist die Schau, welche die Theologie krönt. Im Unterschied zu Barlaam steht für den hl. Gregor die Schau über allem, einschließlich der apophatischen Theologie. Es ist eine Sache, von Gott zu reden oder zu schweigen, eine andere ist es, Gott zu leben, zu sehen und zu besitzen. Die apophatische Theologie hört nicht auf, „Logos“ zu sein, und die Schau steht noch über dem Logos [27]. Barlaam sprach von der kataphatischen und apophatischen Betrachtung, Palamas dagegen von der Betrachtung, die über der Betrachtung steht, die mit dem Übernatürlichen in Verbindung steht, mit der Kraft des Verstandes als Wirken des Heiligen Geistes.

An der Betrachtung, die über der Betrachtung steht, sind die Augen des Verstands beteiligt, nicht aber die Gedanken, und zwischen beidem besteht eine unüberwindbare Schlucht. Das Besitzen der wahren Schau vergleicht Palamas mit dem Besitz von Gold; es ist eine Sache, daran zu denken, eine andere, es in seinen Händen zu halten. Das Treiben von Theologie ist dieser Gottesschau im Lichte genauso unterlegen und genauso weit von der Kommunion mit Gott entfernt, wie das Wissen über etwas von dessen Besitz entfernt ist. Von Gott zu sprechen und Ihm zu begegnen ist nicht dasselbe [28]. Er unterstreicht die besondere Bedeutung des „Erleidens“ des Göttlichen im Vergleich mit dem kataphatischen oder apophatischen „Theologisieren“ [29]. Jene, welche sich des unausprechlichen Sehens als würdig erweisen, erkennen das, was über dem Sehen ist, nicht apophatisch, sondern vom Sehen im Geiste dieser vergöttlichenden Energie [30]Die Vereinigung und das Sehen in der Finsternis ist höher als solche Theologie [31].

Insgesamt kann man sagen, dass Palamas die orthodoxe Theologie vor einem „Agnostizismus“ bewahrt, den Barlaam einzuführen versuchte. Die christliche Theologie kann, von der Einheit und der Unterscheidung des Göttlichen Wesens und der Energien ausgehend, auch noch apodiktische Syllogismen über Gott formulieren.

3. Das Wesen und die Energien in Gott

Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Gott ist dem Wesen nach unergründlich, aber der objektive Wert Gottes Offenbarung in der Geschichte des Menschen wird in Seinen Energien erkannt. Das Sein Gottes besteht aus seinem „selbstexistenten“ Wesen [32], das unergründlich bleibt, und Seinen Handlungen, oder Energien, die ungeschaffen und ewig sind. Durch die Unterscheidung von Wesen und Energien wird das Erreichen eine Erkenntnis Gottes möglich, der im Wesen unerkennbar ist, aber vermittels Seiner Energien durch jene erkennbar ist, die eine gewisse Stufe der spirituellen Vollkommenheit erreicht haben. Die Unergründbarkeit und die Unmöglichkeit der Teilhabe am göttlichen Wesen schließt für den Menschen jedwede unmittelbare Teilnahme daran aus.

Die Lehre von der Unterscheidung zwischen Wesen und Energien ist besonders in den Werken der kappadozischen Väter (4. Jh.) vertreten, beim hl. Johannes Chrysostomos (Ende 4./Anfang 5. Jh.), im Corpus Areopagiticus (Anfang 4. Jh.) und beim hl. Maximos Confessor (7. Jh). Für die kappadozischen Väter ist die Lehre von der Ergründbarkeit des göttlichen Wesens als eine der Thesen des Eunomios unannehmbar, welcher, für alle Menschen gleiche Möglichkeiten der Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesu Christi postulierend, auf diese Weise den Sohn Gottes erniedrigte. Für den Autor der Areopagitica ist diese Lehre eine organische Folge aus der im Corpus entwickelten apophatischen Theologie. Der heilige Maximos Confessor, der durch seine erhabene Lehre über die Logoi von innen heraus die noch nicht überwundenen Rester des Origenismus widerlegt, hat damit gleichzeitig in vielerlei Hinsicht die Lehre des heiligen Erzbischofs von Thessalonike vorweggenommen.

Im Verlauf des Frühmittelalters wurde ein Streit zwischen Nominalisten und Realisten über das Sein der Ideen geführt, folglich also auch über die Eigenschaften Gottes. Einen Widerhall dieses Streits kann man auch in den palamitischen Auseinandersetzungen hören: die Antipalamiten bestritten die wirkliche Existenz der Eigenschaften, Palamas unterstrich ihre Existenz in der Frühphase der Polemik sogar übermäßig, in dem er sagte, das eine sei die Gottheit, etwas anderes das Reich, die Heiligkeit usw [33]. Sie sind in Gott wesentlich, wie es in dem von Palamas zitierten Sedalion zu Christi Verklärung heißt: Den von Deinem Leib verborgenen Glanz, Christe, Deines Wesens und der göttlichen Herrlichkeit hast Du auf dem heiligen Berge gezeigt – und in seinen eigene Triaden, wo er vom Licht der göttlichen und wesentlichen Herrlichkeit [34] sprach.

Gregor Palamas selbst unterstrich vielfach die Einheit von Wesen und Energien. Obwohl die göttliche Energie von dem göttlichen Wesen unterschieden wird, ist doch im Wesen und der Energie die eine Gottheit Gottes [35]. Der zeitgenössische griechische Kirchenhistoriker und -rechtler Blasios Pheidas formulierte die Lehre des hl. Gregor folgendermaßen: …[die Unterscheidung] des nicht mittelbaren göttlichen Wesens und der mitteilbaren Energien trennt die ungeschaffenen Energien nicht vom göttlichen Wesen, denn in jeder Energie ist Gott ganz anwesend, weil das göttliche Wesen unteilbar ist [36].

4. Vergöttlichung und Heil

Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Die Unterscheidung zwischen Wesen und Energie in Gott gab Palamas die Grundlage für eine rechte Beschreibung der Erneuerung des Menschen, welche in Christus stattgefunden hat. Während Gott dem Wesen nach unergründlich bleibt, gibt Er dem Menschen die Möglichkeit, über Seine Energien mit Ihm in eine wirkliche Kommunion zu treten. Der Mensch, welcher der göttlichen Energien oder der göttlichen Gnade teilhaftig wird, empfängt der Gnade nach das, was Gott dem Wesen nach besitzt. Durch die Gnade und durch die Gemeinschaft mit Gott wird der Mensch unsterblich, ungeschaffen, ewig, endlos, mit einem Wort, er wird Gott. Gänzlich werden wir zu Göttern, ohne Ihm dem Wesen nach gleich zu sein [37]. Alles das bekommt der Mensch von Gott als ein Geschenk der Gemeinschaft mit Ihm, als eine Gnade, die vom Wesen Gottes Selbst ausgeht, dessen aber der Menschen nie teilhaftig werden kann. Die Vergöttlichung der Engel und der Menschen ist nicht das überwesentliche Wesen Gottes, sondern die Energie des überwesentlichen Wesens Gottes, die in den Vergöttlichten zugegen ist [38].

Wenn der Mensch nicht aktiv an der ungeschaffenen vergöttlichenden Gnade teilnimmt, bleibt er ein geschöpfliches Resultat der schöpferischen Energie Gottes, und die einzige Verbindung, die er mit Gott hat, ist die Verbindung, welche eine Schöpfung mit ihrem Schöpfer hat. Während das natürliche Leben des Menschen ein Resultat der göttlichen Energie ist, ist das Leben in Gott seine Teilhabe an der göttlichen Energie, welche zur Vergöttlichung führt. Das Erreichen dieser Vergöttlichung wird durch zwei höchst wichtige Faktoren bestimmt – der Konzentration und der Hinwendung des Verstandes zum inneren Menschen und dem immerwährenden Gebet in einem gewissen geistlichen Wachen, dessen Krönung die Gemeinschaft mit Gott wird. In diesem Zustand bewahren die menschlichen Kräfte ihre Energie, ungeachtet dessen, dass sie über das für sie gewöhnlichen Maß emporsteigen. Ähnlich, wie Gott zum Menschen herabsteigt, so beginnt auch der Mensch sein Emporsteigen zu Gott, damit diese ihre Begegnung wahrhaftig stattfindet. In ihr wird der ganze Mensch vom ungeschaffenen Licht der Herrlichkeit Gottes erfasst, das ewig von der Dreifaltigkeit ausgeht, und der Verstand wird durch das göttliche Licht emporgerissen und wird selbst zu Licht. Auf diese Weise schaut dann der Verstand als Licht selbst das Licht. Die vergöttlichende Gabe des Geistes ist das unausprechliche Licht, und es verwandelt jene in göttliches Licht, die seiner teilhaftig werden [39].

Hier berühren wir eines der wichtigsten Elemente der Lehre Palamas’. Die Erfahrung der Vergöttlichung und das Heil des Menschen sind mögliche Realität, angefangen vom jetzigen Leben mit der herrlichen Verbindung von historischem und überhistorischem. Die Seele des Menschen kostet schon hier die Erfahrung des göttlichen Lichts und die göttliche Herrlichkeit. Das Licht, das die Jünger auf dem Thabor sahen, das Licht, das die reinen Hesychasten heute sehen, und die Existenz der Güter der künftigen Zeit sind drei Etappen ein und desselben Ereignisses, die in einer überzeitlichen Realität zusammenlaufen [40]. Allerdings ist die momentane Realität für die künftige, wenn der Tod überwunden ist, ein Unterpfand [41].

Die Gleichsetzung von Wesen und Energie in Gott, welche von den Gegnern Palamas’ gelehrt wurde, zerstört im Grunde die Möglichkeit dessen, dass das Heil stattfindet. Wenn es keine ungeschaffene Gnade und Energie Gottes gibt, dann hat der Mensch entweder am göttlichen Wesen teil, oder er kann keinerlei Gemeinschaft mit Gott haben. Im ersten Fall kommen wir zum Pantheismus, im zweiten zerstören wir die Grundlagen des christlichen Glaubens, dem zufolge dem Menschen die Möglichkeit geboten ist, wahrhaftig in die Gemeinschaft mit Gott zu kommen, welche im Gottmenschen Jesus Christus zustande gekommen ist. Die ungeschaffene Gnade Gottes befreit die Seele des Menschen nicht von den Augen des Leibes, sondern erneuert den gesamten Menschen und erhöht ihn dahin, wohin Christus bei Seiner Himmelfahrt die menschliche Natur emporgehoben hat.

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Vita
Werke
Lehre
1. Philosophie und Theologie

2. Gotterkenntnis und Gottesschau

3. Das Wesen und die Energien in Gott

4. Vergöttlichung und Heil

5. Die Lehre vom ungeschaffenen Licht

Fußnoten

Die Lehre Palamas’ vom ungeschaffenen Licht der göttlichen Verklärung ist eine der grundlegenden, seine Werke dominierenden Richtungen. Er spricht aus seiner eigenen Erfahrung, die der Ausgangspunkt seiner Theologie war. Das Licht, das Christus bei der Verklärung erleuchtet hat, war nicht geschöpflich, sondern Ausdruck für die göttliche Größe, welche die Jünger zu sehen würdig gewesen sind, nachdem sie die Möglichkeit dieser Schau durch eine entsprechende Vorbereitung durch die göttliche Gnade bekommen hatten. Dieses Licht war kein geschöpfliches „Symbol der Gottheit“, wie Barlaam annahm [42], sondern göttlich und ungeschaffen. Der heilige Gregor antwortete Barlaam: Der ganze Chor der göttlichen Theologen scheute sich, die Gnade dieses Lichts als Symbol zu bezeichnen… damit niemand dieses höchste göttliche Licht geschöpflich und der Gottheit fremd nannte…[43].

Der heilige Maximos Confessor bezeichnet zwar dieses Licht tatsächlich als Symbol, aber nicht im Sinne eines sinnlichen Symbols, das etwas Höheres und Geistliches symbolisiert, sondern im höchsten „analogischen und anagogischen“ Sinne, der für den menschlichen Verstand vollkommen unergründbar bleibt, aber in sich die Erkenntnis der Theologie trägt und sie dem mitteilt, der zu schauen und anzunehmen fähig ist [44]. Der heilige Maximos schreibt auch vom Thaborlicht als einem natürlichen Symbol der Gottheit Christi [45]. Indem er den Gedanken des heiligen Maximos interpretiert, stellt der heilige Gregor Palamas ein unnatürliches Symbol einem natürlichen gegenüber [46], das Sinnliche – dem Sinn über dem Sinnlichen, wenn das Auge Gott nicht mit Hilfe eines fremden Symbols, sondern Gott wie ein Symbol schaut [47]Der Sohn, der anfangslos vom Vater geboren ist, besitzt anfangslos einen natürlichen Strahl der Göttlichkeit; die Herrlichkeit Gottes aber wird zur Herrlichkeit des Leibes… [48].

Folglich ist das Thaborlicht die ungeschaffene Energie Gottes [49], welche von den gereinigten und begnadeten Geistesaugen des Herzens [50] geschaut wird. Gott wird als Licht geschaut und macht jene, die reinen Herzens sind, zu Licht, weshalb Er auch als Licht bezeichnet wird [51]. Das Licht vom Thabor ist nicht nur höher als die äußerliche Erkenntnis, sondern auch als die Erkenntnis aus der Schrift. Die Erkenntnis aus der Schrift gleicht einem Leuchter, der an eine finstre Stelle gelangen kann, das Licht der geheimnisvollen Schau gleicht einem hellen Stern, wie die Sonne einer ist [52]. Wenn man das Thaborlicht auch mit der Sonne vergleicht, so bleibt dies eine Analogie. Der Charakter des Thaborlichts ist übersinnlich. Das Thaborlicht war weder vom Verstand ergründbar, noch sinnlich, sondern über Sinn und Erkennen. Deswegen erstrahlte Er auch nicht wie die Sonne, sondern heller als die Sonne. Obwohl man über sie auch der Ähnlichkeit wegen spricht, gibt es zwischen ihnen keinerlei Gleichheit… [53].

Diese Schau des Lichts ist authentisch, real und vollkommen, die Seele nimmt daran teil und zieht die gesamte Einheit aus Körper und Seele des Menschen in diese Schau hinein. Das Schauen des Lichts führt zur Einheit mit Gott und ist ein Anzeichen für diese Einheit: Jener, welcher dieses Licht hat, und der es schaut, ist unausprechlich und nicht nur in der Vorstellung größer, sondern durch die wahre Schau und dadurch, dass er sich über allem Geschöpf befindet, kennt er Gott und hat Gott in sich, denn er wird nie von der ewigen Herrlichkeit getrennt [54]. Die Schau des ungeschaffenen Lichts im irdischen Leben ist ein wertvolles Geschenk, der Vorhof der Ewigkeit: …das ungeschaffene Licht wird nun den Würdigen als Unterpfand gewährt, und in der Ewigkeit wird es sie endlos erleuchten [55]. Das ist eben jenes Licht, das die wahren Hesychasten schauen, dessen auch Palamas selbst teilhaftig geworden ist. Das ist auch der Grund dafür, dass Palamas selbst zu einem Boten der Gnade und des Lichts geworden ist.

 

Fußnoten

[1] Der Text der Veröffentlichung beruht auf Materialien der „Zeitgenössischen Patrologie in neugriechischer Sprache“ von P. K. Christou (Ἐκκλησιαστικὴ γραμματολογία. Τ. 2. Θεσσαλονίκη, 2003. Σ. 44-49), W. D. Phanurgagis (Ἡ χριστιανικὴ γραμματεία. Θεσσαλονἰκη, 1985. Σ. 207-214), H.G. Sotiropulos (Νηπτικοὶ καὶ πατέρες τῶν μέσων χρόνων. Ἀθῆναι. S. A. Σ. 66-75), den Artikeln von P. K. Christou in der „Enzklopädie für Religion und Ethik (Ἀθῆναι, 1964. Σ. 775-796); er berücksichtigt auch den Artikel von M. Bernatskij, Erzpriester Walentin Asmus et al. im 13. Band der „Orthodoxen Enzyklopädie“ (Moskau, 2006; S. 8-40), der höchst wertvoll und im wissenschaftlichen Sinn aktuell ist. An diesen Artikel verweisen wir den Leser, der auf der Suche nach weiterführender Information ist. Der größte Teil der Werke des hl. Gregor Palamas wir nach der kritischen Ausgabe von P. K. Christou zitiert: Γρηγορίου τοῦ Παλαμᾶ Συγγράμματα. T. A΄-Ε΄. Θεσσαλονίκη, 1988-1992 (abgekürzt — ΓΠΣ).

[2] Gemeint ist der Berg Athos. -d.Ü.

[3] Die Häresie der Messalianer, d.h. der „Beter“, trat am Ende des 4. Jahrhunderts auf. Außer der Ablehnung der Sakramente und anderer kirchlicher Gebote lehrten die Messalianer davon, dass die Gnade während des Gebets sinnlich spürbar sei.

[4] Gr. μέγας δομέστικος, Oberbefehlshaber der Armee. – d.Ü.

[5] Gr. auch μέγας δούξ; der Flottenadmiral, der allerdings (nach dem 13. Jh.) auch Landstreitkräfte befehligte. – d.Ü.

[6] Heute Istinye in der Türkei. – d.Ü.

[7] Apodiktisches Traktat 2, 48. ΓΠΣ. Bd. 1. Σ. 122:14-17. Russ. Übers. zit. nach: OE 13, S. 33.

[8] Triaden II, 1:4f.

[9] Triaden II, 1:4. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 266.

[10] Triaden I, 1:12. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 86.

[11] Triaden I, 1:10. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 82-84.

[12] Vgl.: Triaden II, 1:6. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 270.

[13] Vgl.: Hl. Basileos der Große, An die Jugend 2, PG 31, 568BC.

[14] Triaden II, 1:5. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 270.

[15] Vgl.: Triaden, I, 3:42. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 238.

[16] Triaden I, 1:3. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 64.

[17] Triaden I, 3:42. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 238-240.

[18] Vgl.: Triaden I,1:15. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 96.

[19] Vgl.: Triaden III, 1:37. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 638.

[20] Triaden III, 1:38. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 239.

[21] Vgl.: Triaden I, 3:52. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 258.

[22] Vgl.: Triaden I, 1:21. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 112.

[23] Triaden I, 1:3.

[24] Mystische Theologie, 5.

[25] Gegen Akyndinos, 6:1.

[26] „Enzklopädie für Religion und Ethik“ (ΘΗΕ). Bd. 13. Σ. 791.

[27] Triaden II, 3:49. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 504-505.

[28] Triaden I, 3:42. ΓΠΣ. Bd. 1. Σ. 453. Russ. Übers. zit. nach: OE 13, S. 30.

[29] Vgl. Triaden II, 3:26. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 460f.

[30] ebd.

[31] Triaden II, 3:54. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 516f.

[32] Gegen Gregoras 2.

[33] Apologie.

[34] Triaden III, 1:23.

[35] Über die Einheit und die Unterscheidung. ΓΠΣ. Bd. 2. Σ. 85. Russ. Übers. zit. nach: OE 13, S. 80.

[36] Φειδᾶς Β. Ἐκκλησιαστικὴ ἱστορία. Σ. 211.

[37] Theophanes PG 150, 936.

[38] Triaden III, 1:33.

[39] Οὕτως ἡ θεοποιὸς δωρεὰ τοῦ Πνεύματος φῶς ἐστιν ἀπόρρητον καὶ φῶς ποιεῖ θεῖον τοὺς πλουτήσαντας αὐτήν. Triaden III, 35:19-21.

[40] Triaden I, 3:43.

[41] Triaden II, 3:66.

[42] Barlaam schrieb darüber, dass das Thaborlicht sinnlich gewesen ist und in der Luft sichtbar war, damals zur Verwunderung auftrat und sofort wieder verschwand und es mit dem Begriff Gottheit … als einem Symbol der Gottheit bezeichnet wird. Vgl.: Triaden III, 1:11. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 586.

[43] Triaden III, 1:13. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 592f.

[44] Triaden III, 1:13. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 590-592. Vgl.: Maximos Homologetis, Über die Befremdungen, PG 91, 1125D-1128B, 1160D, 1165BC, 1168AB.

[45] Maximos Homologetis, Über die Befremdungen, PG 91, 1160C.

[46] Der Wert eines „natürlichen Symbols“ liegt darin, dass das natürliche … immer mit der Natur gemeinsam existiert, von welcher es sein Sein hat, da es ja natürlich ist. Triaden III, 1:14.

[47] Triaden III, 1:35.

[48] Triaden III, 1:19.

[49] Zwei Anathemata des Konzils von 1351 sind gegen jene gerichtet, die das Thaborlicht nicht als ungeschaffene Energie Gottes annehmen. In der siebenten Verkündigung des gleichen Konzils wird das Gedächtnis jener geehrt, die das ungeschaffene Thaborlicht und die natürliche Herrlichkeit des göttlichen Wesens bekennen, die aber dem göttlichen Wesen nicht gleichgesetzt wird.

[50] Triaden I, 3:17,38. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 188 und Σ. 228-230.

[51] Triaden I, 3:40. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 234.

[52] Triaden II, 3:18. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 448

[53] Triaden II, 3:19. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 450

[54] ebd.

[55] Triaden II, 3:78. ΓΠΣ Bd. 2. Σ. 564f.